Zur Historie

1967 wurde in Japan eine Fußbodengestaltung erfunden, die für blinde Menschen eine Hilfe sein soll: Strukturen, die mit dem Langstock oder den Füßen ertastet werden können und einerseits vor Gefahren warnen, andererseits Orientierungshilfe geben sollen. Inzwischen wurde diese Erfindung nahezu weltweit übernommen. Diese Strukturelemente werden im deutschsprachigen Sprachraum seit Anfang der 90er Jahre als Bodenindikatoren bezeichnet.

Vielerorts wurde versucht, Bodenindikatoren hinsichtlich ihres Profils und ihrer Ausgestaltung zu optimieren. Dies führte teilweise zu sehr unterschiedlichen nationalen und regionalen Lösungen, sowohl für die Gestaltung der Profile als auch in der Bedeutung und Aussagen einzelner Bodenindikatoren. Der Wunsch, die Bodenindikatoren weltweit zu vereinheitlichen und zu standardisieren, ist aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungen und Interessen in den Ländern bislang nicht umsetzbar.

In Deutschland wurden erstmals in den frühen 80er Jahren Bodenindikatorenstrukturen verlegt. An mehreren Orten wurde experimentiert. Größte Verbreitung fand eine Struktur, die in Wedel bei Hamburg entwickelt wurde. Inzwischen dürften mehrere tausende Kilometer Bodenindikatoren in Deutschland verlegt sein.

Ende der 80er Jahre wurde ein Arbeitskreis am Deutschen Institut für Normung gegründet, der sich damit beschäftigen sollte, eine Bodenindikatorennorm als Deutsche Industrienorm (DIN 32984) zu erstellen. Aufgrund der ständigen Einsprüche von betroffenen Personen wurde diese erst im Jahr 2000 veröffentlicht und wurde aktuell 2011 überarbeitet. Die Langstockspitzen hatten sich in der Zeit sehr verändert, so wurden feste Spitzen zu beweglichen Rollen in unterschiedlichen Ausführungen. Deshalb wurde die konkrete Ausbildung der Bodenindikatoren neu festgelegt, so dass diese für jeden Langstock ertastbar sind. (Bild 1)

Was genau ist ein Bodenindikator?

Ein Bodenindikator ist ein Bodenelement mit einem hohen taktilen, visuellen (Hell-Dunkel) und ggf. akustischen Kontrast zum angrenzenden Bodenbelag. Blinde und sehbehinderte Personen können die taktilen Informationen nutzen, da sie diese mit dem Langstock erkennen und/oder mit den Füßen wahrnehmen. Durch den visuellen Kontrast sind Bodenindikatoren zugleich für Personen mit Sehbehinderungen klare Orientierungslinien und -punkte.

Ein Bodenindikator kann aus unterschiedlichen Materialien bestehen, zum Beispiel aus Beton, Naturstein, Kunststoff. Der meist verwendete und haltbarste Bodenindikator im bewitterten Außenbereich ist der faserbewehrte Betonstein, der auch jahrelang die für den Kontrast erforderliche Leuchtdichte erhält. Bodenindikatoren können blinde und sehbehinderte Personen informieren, leiten, vor Gefahrenstellen warnen und weitere Informationen übermitteln. Sie sollten sparsam eingesetzt werden und nur dort, wo ein gefahrloser Aufenthalt sichergestellt ist (somit keine Verlegung auf der Fahrbahn oder auf dem Radweg).

Die Verlegung eines Begleitstreifens oder einer Begleitfläche ist notwendig, wenn der Bodenindikator keinen visuellen und/oder taktilen Kontrast zu seiner Umgebung aufweist und somit nicht wahrgenommen werden kann, z. B. in einem rauen, fugenreichen oder visuell kontrastarmen Umgebungsbelag. Begleitstreifen und Begleitflächen dienen der Herstellung des jeweils fehlenden Kontrastes. (Bild 2)

Wie wird der Bodenindikator mit dem Langstock „gelesen“?

Blinde oder stark sehbehinderte Personen bewegen sich im öffentlichen Raum mit dem weißen Langstock. Voraussetzung für einen sicheren und erfolgreichen Umgang mit dem Langstock ist das Erlernen dieser Fertigkeit in einem so genannten Orientierungs- und Mobilitätstraining (O&M). Die meist angewandten Techniken sind die Pendeltechnik (der Gehweg wird in einem bestimmten Rhythmus fächerartig auf Hindernisse und Schlaglöcher abgetastet), die Schleiftechnik (Stock schleift den Boden fächerförmig ab) und die Diagonaltechnik (Langstock streift im Vorbeigehen an einer Wand entlang, meist in Innenräumen). Durch diese Techniken werden sowohl taktile als auch akustische Kontraste im Bodenbelag als Informationen lesbar.

Gleichzeitig ist der weiße Langstock ein optisches Erkennungsmerkmal, das allen sehenden Verkehrsteilnehmern, ob laufend oder fahrend, eindeutig signalisiert, dass hier besondere Rücksicht geboten ist. (Bild 3)

Welche Strukturen gibt es bei Bodenindikatoren?

Die beiden Grundstrukturen von Bodenindikatoren sind Rippen und Noppen. Die Rippen können in Gehrichtung oder gegen die Gehrichtung verlegt werden, je nach Bedeutung und Funktion des Bodenindikators. Somit entstehen acht unterschiedliche Typen von Bodenindikatoren.

Die Formen und Maße sind in der DIN 32984 festgelegt. Sie sind im Außenbereich so einzubauen, dass die Rippen und Noppen gegenüber dem restlichen Bodenbelag erhaben (also talbündig) sind.

Bodenindikatoren übernehmen drei Hauptfunktionen: leitende Funktion (Signal: Gehen), warnende Funktion (Signal: Halt) und hinweisende Funktion (Signal: Achtung). Je nach ihrer Anordnung, Verlegerichtung der Rippen und Kombination der einzelnen Bodenindikatorentypen vermitteln sie unterschiedliche Informationen. Mit ihrer Hilfe kann der öffentliche Raum für blinde und sehbehinderte Personen besser und selbständig erschlossen werden.

Rippenstrukturen

Die trapezähnlichen Rippen sind im bewitterten Außenbereich wie folgt auszubilden:

  • Rippenbreite (an der Messebene) 5 bis 15 mm
  • Achsabstand der Rippen 30 bis 50 mm
  • Rippenhöhe 4 bis 5 mm

Rippen übernehmen je nach Rippenrichtung und Lage die Funktion „Gehen“, „Halt“ oder „Achtung“. Bodenindikatoren mit Rippenstruktur werden wie folgt angewandt:

- Leitstreifen mit Rippen in Gehrichtung sind mindestens 30 cm breit und dienen als Leitstreifen, wenn keine natürlichen Leitlinien vorhanden sind (Bild 4),

- Richtungsfelder vor Fahrbahnquerungen mit Rippen in Gehrichtung zeigen die Querungsrichtung an (Bild 5),

- Auffindestreifen über die gesamte Gehwegbreite mit Rippen in Gehrichtung zum Anzeigen von seitlich gelegenen Zielen (z. B. Haltestellen, Treppen, Eingänge und Beginn und Ende eines Blindenleitsystems) (Bild 6),

- Einstiegsfelder an Haltestellen (mit Rippen parallel zum Bord), die i. d. R. den vorderen Einstieg in den Bus oder in die Bahn markieren,

- und Sperrfelder mit Rippen parallel zum Bord; sie kennzeichnen Bordhöhen, die kleiner als 3 cm sind (z. B. bei getrennten Querungen den Bereich der Nullabsenkung des Bordes).

Noppenstrukturen

Bodenindikatoren mit Noppenstrukturen sind in der Regel dort einzusetzen, wo eine erhöhte Aufmerksamkeit und Wachsamkeit von blinden oder sehbehinderten Menschen auf ihrem Weg gefordert wird.

Die Noppen sind in der Regel Kegelstümpfe, Kugelkalotten oder bei ausgefrästem Naturstein Pyramidenstümpfe. Die Noppen sind in einem diagonalen Muster zu verlegen, so dass eine Verwechslung mit einem Rippen-Bodenindikator vermieden wird. Nur bei Hinleitung zu Querungsstellen sollte die Anordnung der Noppen orthogonal erfolgen.

Die Platten mit Noppenstrukturen sind im bewitterten Außenbereich wie folgt auszubilden:

  • Noppenbreite an Oberkante 20 bis 30 mm
  • orthogonaler Achsabstand der Noppen 50 bis 75 mm,
  • diagonaler Achsabstand der Noppen 30 bis 50 mm,
  • Noppenhöhe 4 bis 5 mm

Noppen übernehmen die Funktion „Halt“ oder „Achtung“. Bodenindikatoren mit Noppenstruktur werden wie folgt angewandt:

- Aufmerksamkeitsfelder warnen vor Gefahrenstellen wie beispielsweise Hindernisse und Niveauwechsel (z. B. Treppen); sie können auch ungesicherte Querungsstellen anzeigen (Bild 8)

- Abzweigefelder zeigen Richtungswechsel im Leitsystem an (Bild 9),

- Auffindestreifen mit Noppen über die gesamte Gehwegbreite zum Auffinden einer gesicherten Fahrbahn-Querungsstelle, die sich seitlich der Gehrichtung befindet (Bild 10).

Hilke Groenewold in Kooperation mit Tanja Aurich, Andrea Heppner und Peter Woltersdorf für den Gemeinsamen Fachausschuss für Umwelt und Verkehr (GFUV)

Textteile in Anlehnung an Veröffentlichungen auf den Seiten des GFUV von Dr. Klaus Behling und Dietmar Böhringer

Normen / Literatur

DIN 32984: Bodenindikatoren im öffentlichen Raum: 2011-10

DIN 18040 -3: Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum, 2014-11

DIN 18040-1 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude, 2010-10

DIN 32975 – Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung, 2009-12

Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen (H BVA), Forschungsgesellschaft für Straße- und Verkehrswesen e. V. (FGSV)

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